„Grünes” Methan aus Kläranlagen

Versorgt man die Mikroorganismen, die in Kläranlagen das Wasser aufbereiten, zusätzlich mit etwas Wasserstoff und Kohlendioxid, stellen sie reines Methan her. Damit kommen Erdgasheizungen und -fahrzeuge klar, ohne dass es technischer Anpassungen bedarf. Die beiden Arbeitsgruppen der Ruhr-Universität Bochum von Dr. Tito Gehring bei Prof. Dr. Marc Wichern und Prof. Dr. Ulf-Peter Apfel haben gemeinsam ein technisches Zusatzmodul entwickelt, das im Prinzip jede Kläranlage zu einer CO2-Senke und dezentralen Methan-Erzeugungsanlage machen kann – und das auf umweltfreundliche Weise. Sie berichteten hierzu in der Zeitschrift Cell Reports Physical Science vom 16. August 2023.
Methan hat als klimaschädliches Gas einen schlechten Ruf. Es bringt aber einige gute Eigenschaften mit, die es dazu befähigen, ein Baustein der Energiewende zu werden: Es ist leichter zu handhaben und besser zu speichern als Wasserstoff, weil die Moleküle größer sind und es daher weniger leicht flüchtig ist. Seine Energiedichte ist viermal höher als die von Wasserstoff, und es lässt sich ohne Anpassung in die vorhandene Erdgasinfrastruktur einspeisen.
„Erdgasfahrzeuge oder -heizungen können ohne Schwierigkeiten mit Methan betrieben werden“, verdeutlicht Tito Gehring vom Lehrstuhl Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik. Er führt noch einen weiteren Vorteil des Gases gegenüber Wasserstoff an, wenn dieser in südlichen, wasserarmen Gegenden hergestellt wird: Exportiert man ihn und nutzt ihn hier, hat man nämlich gleichzeitig auch Wasser exportiert. Dieses Problem hat man mit Methan nicht.
Methan kann durch Bakterien sehr effizient hergestellt werden und fällt zum Beispiel in Kläranlagen als Bestandteil von Biogas an. „Manche Kläranlagen gewinnen dadurch ihren eigenen Energiebedarf und sind somit energetisch autark“, erklärt Tito Gehring.
Das Biogas enthält allerdings nur 60 Prozent Methan und verschiedene andere Stoffe. Hier kommt das Konzept der Bochumer Arbeitsgruppen ins Spiel: Damit hochkonzentriertes Methan entsteht, brauchen die Mikroorganismen neben CO2 auch Wasserstoff, der dem System zugeführt werden muss. Um ihn herzustellen, entwickelte die Gruppe um Ulf-Peter Apfel von der Arbeitsgruppe Technische Elektrochemie und der Abteilung Elektrosynthese des Fraunhofer Umsicht eigens einen Elektrolyseur mit einem edelmetallfreien Katalysator, der langlebig und energieeffizient für die Wasserstoffzufuhr sorgt.
So versorgt produzieren die Bakterien in einem Zusatzmodul, das im Prinzip an jeder beliebigen Kläranlage funktioniert, ein Molekül Methan pro Molekül Kohlendioxid. Dabei verstoffwechseln sie nebenbei auch noch verschiedene Inhaltstoffe des Abwassers und benötigen dabei keine weiteren Nährstoffe. „Viele Kläranlagen sind ans Erdgasnetz angeschlossen und könnten das so erzeugte Methan einfach in die Versorgung einspeisen“, erklärt Tito Gehring.
Er sieht in Grünem Methan aus Kläranlagen einen von mehreren Bausteinen der Energiewende: „Erste Abschätzungen haben ergeben, dass allein durch die CO2-Bindung aus den Abgasen der Schlammbehandlung in Kläranlagen etwa 20 Liter Methan pro Tag und pro Einwohner gewonnen werden könnten.“ Würde man das tun, würde man auch dafür sorgen, dass weniger Methan als schädliches Klimagas in die Atmosphäre gelangt. Denn die Methanfreisetzung bei der Förderung von Erdgas, Öl und Kohle ist eine sehr wichtige Emissionsquelle für dieses Treibhausgas.
Links:
Verwandte Artikel
Politik & Wirtschaft
-
SOS Electronic feiert 30-jähriges Jubiläum
Vor 30 Jahren als lokales Start-up in Košice gegründet, gehört...
Condition Monitoring
-
Schnelles Auswuchten von rotierenden Maschinen mit starren Rotoren
Acoem, Spezialisten im Bereich der drahtlosen Technologie für die Zustandsüberwachung,...
Drucklufttechnik
-
Ohne Luftblasen geht’s ab in den Ofen
Bereits seit über 40 Jahren sind drei Vakuumpumpen von Busch...
Arbeitssicherheit
-
Korrektionsschutzbrille für industrielle Anwendungen
Bollé Safety, internationaler Anbieter von persönlicher Augenschutzausrüstung, hat mit dem...
Reinigung
-
Schüttgut sicher saugen
Ruwac präsentiert auf der Powtech 2025 in Nürnberg (23. bis...
Energie-Effizienz
-
Laufzeitrekord bei Gezeitenturbine
Im schottischen Meygen-Projekt ist es SKF gemeinsam mit Proteus Marine...
Fertigungstechnik
-
Topregal stellt autonomen Transportroboter vor
Mit dem Robi4-HD erweitert Topregal sein Sortiment um einen autonomen...
Zulieferteile
-
Wetterfeste Befestigungen
Für die Montage von Gehäusen an Rundmasten hat Spelsberg praxisgerechte...
Wartungs- & Werkstattbedarf
-
Kraftvoll, smart und natürlich mobil
Mit der neuen Lightning Smart bringt Hytorc ein akkubetriebenes Hydraulikaggregat...
Messen & Überwachen
-
DSIV lädt zum Silo-Tag nach Karlsruhe
Am 22. Oktober veranstaltet der Deutsche Schüttgut-Industrie Verband (DSIV) in...
Antriebs- & Steuerungstechnik
-
Aller guten Dinge sind drei … Millionen
SEW-Eurodrive hat im Mai 2025 den dreimillionsten IE3-Motor seiner DRN..-Baureihe...
Facility Management
-
Zwei Flächen, ein Dichtsystem
Beim Neubau eines Einfamilienhauses in Minden wurden zwei Dachnutzungen auf...
Materialfluss
-
Transportwagen mit Rollenbahn
Torwegge hat für den Verpackungsspezialisten Packners einen ergonomischen Schiebbügelwagen mit...
Themen
- Antriebs- & Steuerungstechnik
- Arbeitssicherheit
- Condition Monitoring
- Drucklufttechnik
- Energie-Effizienz
- Facility Management
- Fertigungstechnik
- Industrie-Service
- Management & Technologie
- Materialfluss
- Messen & Events
- Messtechnik & Überwachungstechnik
- Politik & Wirtschaft
- Reinigung
- Wartungs- & Werkstattbedarf
- Zulieferteile
Newsletter
ABONNEMENT
Ein Jahresabonnement der B&I beinhaltet 6 Ausgaben, für 45,- EUR inkl. MWSt..
Verpassen Sie keine Ausgabe mehr!
Jetzt sichern!