Messdaten können Ausfallverluste verhindern

Die Predictive Maintenance Toolbox von Mathworks unterstützt Ingenieure bei der Implementierung von Algorithmen zur vorrausschauenden Wartung. Wie das geht, erklärt Philipp Wallner, Industrial Automation & Machinery Industry Manager bei Mathworks.
Die vorrausschauende Wartung ist, neben künstlicher Intelligenz, eine der Schlüsseltechnologien der Industrie 4.0. Daher sind laut einer PAC-Studie (Pierre Audoin Consultants) auch 83 Prozent der europäischen Hersteller- und Transportunternehmen bereit, in Predictive Maintenance zu investieren.
Doch es ist nicht ganz einfach, diese Technik effizient und produktiv einzusetzen. Die verantwortlichen Ingenieure müssen Kenntnisse in sehr verschiedenen Bereichen haben. Darüber hinaus ist es wichtig, die Implementierung durch geeignete Anwendungen und Tools zu beschleunigen und zu vereinfachen.
Warum Predictive Maintenance?
Der zunehmende Einsatz von Sensortechnik und künstlicher Intelligenz in der Industrie erzeugt eine erhebliche Menge an Daten, die bei der richtigen Analyse wichtige Einsichten zum Zustand von Maschinen und Prozessen liefern kann. Denn Ausfallszeiten sind nicht nur mit hohen Kosten, sondern meist auch mit einem Vertrauensverlust seitens der Kunden verbunden.
Ein weiterer Punkt: Maschinen können an schlecht erschlossenen Orten stehen, an denen eine durchgehende Internetverbindung nicht möglich ist. Deshalb ist es entscheidend, dass Ingenieure bereits im Vorfeld herausfinden können, ob etwas nicht stimmt, und so einen Ausfall verhindern können. Denn stellen sie erst vor Ort fest, dass beispielsweise Ersatzteile benötigt werden, drohen Ausfälle von mehreren Tagen, bis diese geliefert werden können. Daher ist das Wissen darum, welche Wartungsmaßnahmen als nächstes anstehen so wertvoll.
Wartung ist nicht gleich Wartung
Trotzdem wird in vielen Industriebereichen immer noch auf reaktive Wartung gesetzt. Doch ist die Störung oder der Fehler erst einmal eingetreten, kann es zu langen Ausfallzeiten kommen, bis das Problem analysiert und behoben ist. Ein solches Vorgehen bedeutet ein hohes Risikopotential für das Unternehmen.
Um eben solche Produktionsausfälle zu vermeiden, werden engmaschige Instandhaltungspläne erstellt, im Zuge derer (Verschleiß-) Teile zeit- oder zustandsbasiert bereits vorbeugend ausgetauscht werden. Dies führt zu einer unnötigen Kostenbelastung, da Maschinen präventiv gewartet werden, die noch funktionstüchtig wären.
Im Gegensatz dazu richtet sich ein vorausschauender Wartungsplan nicht nach einem bestimmten Zeitplan. Er wird von Algorithmen bestimmt, die Daten von Sensoren sammeln und auswerten. Es sind also die Algorithmen, die den Erfolg von Predictive Maintenance ausmachen.
Von den Daten zur „Estimated RUL“
Sensoren können u.a. die Temperatur, den Druck, die Stromspannung, die Geräuschentwicklung oder Vibration in einer Maschine oder Anlage messen. Es kann wichtig sein, nicht nur Daten der Maschinen selbst, sondern ebenso Umgebungsdaten, wie etwa die Luftfeuchtigkeit, zu sammeln. Diese Daten werden von verschiedenen Statistik- und Signalverarbeitungsalgorithmen verarbeitet und genutzt, um den Status der Maschinen einzuschätzen.
Dabei werden mithilfe von Daten-Clustering und Klassifizierung sowie anderen auf Machine Learning basierenden Techniken zum Vergleich Marker für Störfälle herangezogen. In einem modellbasierten Ansatz können diese Daten auch genutzt werden, um prädiktive Modelle des Systemverhaltens für die Zustandsüberwachung zu erstellen.
Das Modell kann dann verwendet werden, um Veränderungen im Zustand der Anlage zu verfolgen und deren Restnutzungsdauer oder „Remaining Useful Life“ (RUL) vorherzusagen. Die Wartung und der Austausch von Teilen finden erst dann statt, wenn es notwendig ist. Darüber hinaus kann auch der Produktionsprozess effizienter gestaltet werden, wenn alle Faktoren berücksichtigt werden.
Gut gerüstet, ist halb gewonnen
Für Predictive Maintenance bedarf es Fachwissens in Signalverarbeitung, maschinellem Lernen und ein Verständnis der Physik des zu wartenden Systems. Doch es ist sehr schwierig, Fachkräfte zu finden, die in allen drei Bereichen über ausreichend Wissen für den Aufbau prädiktiver Modelle verfügen. Daher ist es durchaus sinnvoll, sich von geeigneten Tools, die Ingenieure bei der Entwicklung von Predictive-Maintenance-Anwendungen helfen, Unterstützung zu holen.
Matlab- und Simulink-Anwendungen bieten einen leichten und schnellen Einstieg und helfen Anwendern unter anderem dabei, Daten interaktiv zu erschließen, die wichtigsten Variablen für ein Modell zu bestimmen, gängige prädiktive Modelle parallel zu trainieren oder mehrere Modelle zu bewerten und zu vergleichen.
Ein anschauliches Beispiel für die Unterstützung bei Predictive-Maintenance-Aufgaben ist die Erstellung eines Klassifikationsmodells, das in der Lage ist, eine bestimmte Anzahl von Datenproben in unterschiedliche Kategorien einzuteilen. Ein Design ohne geeignete Tools bedeutet, viel Code zu schreiben und durch wiederholte Tests zu ermitteln, welches Modell am besten funktioniert.
Hier können Funktionen der Predictive Maintenance Toolbox die Arbeit wesentlich erleichtern und beschleunigen, etwa durch eine Unterstützung beim Labeln von Daten mithilfe der Ground Truth Labeler App oder durch automatische Code-Generierung. Zudem können Ingenieure auf bereits vortrainierte neuronale Netzwerke wie GoogLeNet oder AlexNet zugreifen. Das gibt Ingenieuren die Freiheit, sich ganz auf den Workflow der Algorithmenentwicklung zu konzentrieren, ohne zwischen Tools und Umgebungen wechseln zu müssen.
So können Ingenieure mit der Predictive Maintenance Toolbox ihre Anwendung für die vorausschauende Wartung einfacher entwickeln und implementieren. Sie können große Mengen von Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen, analysieren und visualisieren und fortgeschrittene Machine-Learning-Algorithmen implementieren. Und sie können durch eine intelligente Wartung die Lebenszeit ihrer Maschinen besser im Blick behalten und teure Ausfälle verhindern.
Links:
https://de.mathworks.com/solutions/predictive-maintenance.html
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