Selbstkalibrierendes Thermometer gewinnt AMA Innovationspreis
Das Entwicklerteam von Endress+Hauser hat für das Itherm Trustsens Thermometer den diesjährigen AMA Innovationspreis gewonnen, der am Dienstag im Rahmen der Sensor+Test in Nürnberg vom AMA Verband für Sensorik und Messtechnik e.V. vergeben wurde. Dr. Marc Schalles, Leiter der Arbeitsgruppe Temperaturmesstechnik bei der Technischen Universität Ilmenau, erklärt die Details.
Herr Schalles, dem Projektteam ist es gelungen, eine auf der Curie-Temperatur basierende Fixpunkt-Kalibrierung in ein Thermometer zu integrieren. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Thermometer werden immer direkt oder mithilfe von Vergleichsthermometern in einer rückführbaren Kette an Fixpunkten kalibriert. Das sind Temperaturen, bei denen reine Stoffe eine Phasenumwandlung zeigen; sie also schmelzen, erstarren oder ihren Tripelpunkt haben.
Für die Kalibrierung nutzt man unter anderem Fixpunktzellen, die den entsprechenden Stoff beinhalten. Hier an der TU Ilmenau haben wir schon vor 25 Jahren begonnen, solche Zellen miniaturisiert in Thermometer zu integrieren, um diese dann inline zu kalibrieren.
Doch es gab Nachteile: Bei einem Fixpunkt aus Metall muss man die Schmelze halten. Zudem wurde bei jeder Phasenumwandlung Wärme umgewandelt – dadurch misst der Sensor die Phasenumwandlungstemperatur und nicht mehr die des Prozesses.
Ich habe deshalb nach alternativen Varianten gesucht und diese gefunden. Diese brachte den Stein ins Rollen, sodass in dieser Projektkooperation ein industrielles Thermometer entwickelt werden konnte, in welches die auf der Curie-Temperatur basierende Kalibrierung integriert wurde
Was macht sie für die Kalibrierung so praktisch?
An der Curie-Temperatur findet analog zu den klassischen Fixpunktmaterialien auch eine Phasenumwandlung statt. Sie ist die stoffspezifische Temperatur, oberhalb der ferromagnetische oder ferroelektrische Werkstoffe ihre Eigenschaften verlieren.
Während der Phasenumwandlung an der Curie-Temperatur verbleiben solche Werkstoffe sowohl im polarisierten als auch im unpolarisierten Zustand in der festen Phase, weshalb sie sich sehr gut zur Integration in einen Thermometereinsatz eignen. Zudem kann man den Phasenübergang elektrisch sehr gut detektieren und reproduzieren.
Die Kollegen von Endress+Hauser haben dann zusammen mit Anlagenbetreibern analysiert, bei welcher Temperatur eine solche Phasenumwandlung liegen müsste, damit sie in den Prozessen der Lebensmittel- und Life-Sciences-Branche eingesetzt werden kann. Danach haben wir geschaut, welches Material in diesem Bereich funktioniert – in seiner Auswahl und seinem Handling steckt, wie bei klassischen Fixpunktzellen auch, sehr viel Know-how.
Wo lagen die Herausforderungen bei der Umsetzung in ein Produkt?
Die größte Herausforderung war der geringe Platz, der zur Verfügung stand. Die kleinsten Trustsens-Messeinsätze haben einen Außendurchmesser von drei Millimetern. Darin mussten der eigentliche Temperatursensor, der Referenzsensor mit dem speziellen Material und die elektrischen Messmethoden zur Detektion der Phasenumwandlung integriert werden.
Wie sicher ist diese neue Form der Kalibrierung im Vergleich zu klassischen Kalibrierungen wie zum Beispiel mithilfe von Kalibrierbädern?
Vergleichskalibrierungen mit Kalibrierbädern gehören zu den stationären Kalibrierverfahren. Hier steckt man das zu prüfende Thermometer und das Vergleichsthermometer hinein und wartet, dass es ein thermisches Gleichgewicht gibt, sich die Thermometer für die Kalibrierung also statisch auf die gleiche Temperatur einstellen.
Beim Itherm Trustsens wird hingegen in einem dynamischen Vorgang kalibriert. Über die geeignete Bauform stellen wir sicher, dass die Temperaturänderung durch das Prozessmedium den Referenzsensor und den Prozesssensor gleichermaßen erfasst. Wir haben dafür das Thermometer thermisch dimensioniert und die darin stattfindenden Wärmetransportvorgänge optimiert.
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