Peitscheneffekt: eine unterschätzte Gefahr

BGHM gibt Tipps zur Unfallprävention bei Tätigkeiten mit Hubarbeitsbühnen
Hubarbeitsbühnen sind in der Praxis zwar die sicherste Höhenzugangstechnik. Durch den sogenannten Peitschen- oder Katapulteffekt ereignen sich jedoch immer wieder Unfälle.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Monteur wird in 12 Metern Höhe aus einer Hubarbeitsbühne herausgeschleudert. Er überlebt mit schweren Verletzungen. Beim Verfahren der Bühne hatte sich deren Geländer an einer Gebäudekonstruktion verklemmt. Um sich zu befreien, betätigte der Beschäftigte wiederholt den Joystick und erzeugte so Korbbewegungen. Der dabei entstehende Peitscheneffekt katapultierte den Monteur aus der Arbeitsbühne. Zwar trug er eine Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz – die notwendige Sicherung am Anschlagpunkt der Bühne war jedoch nicht erfolgt.
Wie sich solche Unfälle durch Schutzmaßnahmen verhindert lassen, erklärt Kathrin Stocker, Präventionsexpertin und Aufsichtsperson bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM).
Die DGUV-Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ fordert grundsätzlich eine Gefährdungsbeurteilung. Das gilt auch für den Einsatz von Hubarbeitsbühnen. Wird beispielsweise eine Auslegerbühne – auch Teleskoparbeitsbühne genannt – verwendet, besteht generell die Gefahr, dass Beschäftigte herausgeschleudert werden. Dieser Gefahr ist mit den Maßnahmen aus der Gefährdungsbeurteilung, die vor Tätigkeitsbeginn festgelegt werden müssen, entgegenzuwirken.
Auch Hersteller können in Betriebsanleitungen fordern, dass Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) verwendet werden muss. Gemäß der Technischen Regel für Betriebssicherheit TRBS 2111 Teil 1 „Mechanische Gefährdungen – Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen beim Verwenden von mobilen Arbeitsmitteln“ kommt dem Arbeitgeber die Pflicht zu, Festlegungen zu treffen, um die Gefahr zu reduzieren, dass Beschäftigte aus dem mobilen Arbeitsmittel herausgeschleudert werden. Zum Beispiel muss PSAgA als Rückhaltesystem bei Auslegerarbeitsbühnen und vergleichbaren mobilen Arbeitsmitteln verwendet werden, wenn ein Peitscheneffekt auftreten kann.
Auswahl und Benutzung der PSA
„Für die Gefährdung, dass Personen herausgeschleudert werden, reichen die gängigen technischen Einrichtungen wie Geländer nicht aus“, sagt BGHM-Expertin Kathrin Stocker. „Diese Gefährdung ist ausschließlich durch personenbezogene Schutzmaßnahmen und ein umsichtiges Verhalten zu verhindern.“ Die richtige Auswahl und Benutzung der PSA sind dabei entscheidend. Folgendes ist zu gewährleisten:
- In der Hubarbeitsbühne sind geeignete Anschlageinrichtungen (≥ 3 kN) je nach Personenzahl vorhanden (zukünftig werden 6 kN angestrebt).
- Auffanggurt und Anschlageinrichtung werden über ein längenverstellbares Verbindungsmittel mit Falldämpfer, ein mitlaufendes Auffanggerät mit beweglicher Führung oder einem Höhensicherungsgerät verbunden. Diese müssen speziell für den Einsatz in Hubarbeitsbühnen geprüft und zugelassen sein. Die Systemlänge ist auf 1,80 Meter begrenzt.
- Sowohl beim Bewegen des Fahrwerks als auch beim Verfahren in der Höhe ist die kürzeste mögliche Verbindung zwischen Anschlagpunkt und der vorderen oder hinteren Auffangöse des Auffanggurtes zu wählen. Die Benutzung von Höhensicherungsgeräten ist empfehlenswert.
- Die Beschäftigten müssen mindestens einmal jährlich theoretisch und praktisch in der Benutzung der PSAgA unterwiesen werden.
„Beim Einsatz von Hubarbeitsbühnen sollte grundsätzlich ein geeignetes Auffangsystem getragen werden, das aus einem Auffanggurt in Verbindung mit einem längenverstellbaren Verbindungsmittel mit Falldämpfer besteht“, so BGHM-Expertin Stocker. „Damit können sich Beschäftigte an dem in der Bühne vorhandenen Anschlagpunkt sichern.“
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