Digitale Services im Anlagen- und Maschinenbau
Ist die Maschine erst einmal in Betrieb genommen und die Rechnung beglichen, verlieren Maschinenbauer oft den Kontakt zum Kunden. Damit lassen sie die Chance auf Mehrumsatz liegen: Wenn es gelingt, die Kunden zu binden, können zum Beispiel After-Sales-Geschäfte wie Wartungen und Reparaturen angeboten werden. Maschinenbauer können außerdem über erfasste Betriebsdaten die Leistung ihrer Produkte überwachen und sie verbessern. IoT-Lösungen wie Hersteller- und Serviceportale sind hier der Schlüssel.
Erfahrungsgemäß haben 50 bis 80 Prozent der Maschinenbauer nach der Inbetriebnahme ihrer Anlagen keine Kontaktfläche mehr zum Kunden. Ist die Rechnung bezahlt, versiegt die Kommunikation. Der Hersteller weiß nichts mehr über seine Maschinen oder deren Betrieb, wird die Maschine verkauft, verliert sich erst recht jede Spur. Manche Hersteller kennen ihre Endkunden sogar überhaupt nicht, wenn der Verkauf über Vertriebspartner stattfindet.
Unterm Strich lassen Maschinenbauer so Potenzial für Folgegeschäfte wie After-Sales-Service liegen: Gerade im Service bei Wartung und Reparaturen gehen hohe Margen verloren, im Ersatzteilgeschäft sogar in Höhe von bis zu 50 Prozent. Maschinenbauer nutzen nur rund 20 Prozent des Wartungsgeschäfts, wo es Potenzial für 50 bis 60 Prozent gäbe.
Dabei ist die Nachfrage gegeben. Denn kundenseitig bestehen durchaus eine Erwartungshaltung und der Wunsch zum Beispiel nach Möglichkeiten des Self-Services etwa über eine App, um die Dokumentation der Maschinen oder Anlagen einzusehen oder Servicetermine zu vereinbaren.
Manche Betreiber haben dann auch Probleme mit Service und Wartung der Maschinen, andere richten sich im Status Quo ein und beauftragen externe Firmen. Für den Maschinenbauer ist das die schlechteste aller Lösungen, da hier zusätzlich zum verpassten Umsatzpotenzial auch noch Konflikte programmiert sind.
Gibt es doch eine weitere Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Betreiber und werden Servicearbeiten angeboten, findet dies oft auf Zuruf und über den kurzen Dienstweg statt. Das resultiert in ungeordneten Prozessen und geringen oder gar keinen Margen. Es gibt also Bedarf für das Paket Maschine und Service aus einer Hand: Und das sollte sich der Maschinenbauer auch entsprechend bezahlen lassen, denn die Zeiten werden härter und der Spielraum für verschenkte Leistungen immer geringer.
Wer nun im Service-Bereich seine Chance ergreifen will, muss sich entsprechend positionieren: Die Möglichkeit, mit dem Kunden ohne hohe Mehraufwände in Kontakt bleiben zu können, liefert die Digitalisierung. Im Zentrum steht dabei eine Softwareplattform, die Kunde, Maschine und Hersteller mit verschiedenen Diensten und Applikationen zusammenführen kann.
Dem Kunden können zum Beispiel eine Service-App oder ein Service-Portal zur Verfügung stehen, die eine Übersicht über Wartungstermine oder Bestellmöglichkeiten für Ersatzteile oder Vertragsverlängerung bieten und einen direkten Draht zum Hersteller sicherstellen, um Störungen zu melden. Über Internet of Things (IoT) und Connectivity können Maschinen und Geräte angebunden werden, um Betriebsdaten zu sammeln und zu analysieren.
Der Hersteller kann über ein Portal bzw. Integration in bestehende Softwaresysteme angebunden sein – damit lässt sich dann zum Beispiel ein Ticketsystem umsetzen, um Kundenanfragen komfortabel und schnell beantworten zu können, da darüber Daten, die in verschiedenen Systemen verteilt vorliegen, zusammengeführt werden können.
Vorteile einer digitalen Plattform
Mit derartigen Serviceangeboten für ihre Kunden können sich Maschinenbauer als zuverlässige Partner positionieren und eine gute Kundenkommunikation sicherstellen. Außerdem erlaubt es dies, auf Fehler in angemessener Zeit zu reagieren.
Mit einer digitalen Plattform sind sogar Szenarien möglich, wo eben nicht der Kunde den Maschinenbauer über Probleme in Kenntnis setzt, sondern der Maschinenbauer über Datenanalyse sowie Monitoring- und Alerting-Funktionen einen sich anbahnenden Fehler erkennt und mit Handlungsempfehlung auf den Kunden zugeht: eine Serviceleistung, die ankommt, da sie Zeit und hohe Folgekosten spart, wenn unerwartete Stillstände verhindert werden können.
Diese proaktive Wartung generiert echten Mehrwert. Lassen sich standardisierte Funktionsmodule der Plattform nach dem Prinzip Buy-and-Build nach Bedarf zusammenstellen, entsteht eine individuelle und passgenaue Lösung.
Durch Connectivity und Internet of Things (IoT) werden darüber hinaus tiefe Einblicke in Betrieb und Nutzung von Maschinen und Anlagen möglich – für Hersteller und Betreiber gleichermaßen, auch wenn sie nicht im ersten Schritt notwendig sind.
Durch die Analyse der Daten sind Maschinenbauer in der Lage, ihre Produkte noch besser zu verstehen und zu optimieren. Hier können sich zum Beispiel Chancen auftun, Overengineering zu vermeiden, also leichter und günstiger zu bauen, wo es möglich ist, und damit Kosten und Ressourcen zu sparen. Häufig auftretende Fehlerzustände können gefunden oder unterschiedliche Nutzungsprofile herausgearbeitet werden. Am Ende bietet eine Plattformlösung damit das Potenzial der Produktverbesserung und die Möglichkeit, den Kunden besser kennenzulernen.
Die Vorbehalte gegenüber Maschinen im Internet
Nun begegnen manche Betreiber der Vorstellung von Maschinen, die online im Netzwerk sind, mit Skepsis. Sie fürchten Datenschutz- und Sicherheitsprobleme, vor allem aber eine Überwachung ihres Betriebs und wollen sich von ihren Lieferanten nicht die Karten schauen lassen, ob zum Beispiel Wartungspläne eingehalten wurden. Zumal Streitigkeiten zwischen Hersteller und Betreiber in Gewährleistung- und Garantiefragen an der Tagesordnung sind.
Doch die Zeichen der Zeit sind eindeutig: Maschinen sind heute in der Regel internetfähig und damit online oder werden durch einen Retrofit modernisiert, um neuen Anforderungen gerecht zu werden. Manche Maschinenbauer bieten Wartung und Updates sogar nur noch auf Basis eines solchen Hardwareupdate an.
Dabei werden Elektronik und Steuerung ausgetauscht bzw. ergänzt und die Maschine geht über die Cloud online. Größere Hersteller gehen dazu über, Maschinen nur noch mit online-Anbindung zu verkaufen, um die Gewährleistung sicherzustellen und eine Diagnostik aus der Ferne zu ermöglichen, so dass der Techniker nur noch bei echtem Bedarf geschickt werden muss.
Auch mit fertigen Softwareplattformen haben schon Maschinenbauer schlechte Erfahrungen gemacht. Große Plattformlösungen gehen in der Regel mit Vendor Lock-in einher – das Unternehmen macht sich vom Anbieter abhängig und hängt in einem Abosystem fest. Daraus resultieren eine lange Verpflichtung und finanzielle Abhängigkeit: Preiserhöhungen ist nichts entgegenzusetzen, Umbauten an der Software sind entweder teuer oder schlicht nicht möglich.
Die Aktualisierungs- und Versionierungspolitik der Hersteller ist normalerweise nicht verhandelbar, welche Features kommen oder gehen mithin nicht steuerbar. Hinzu kommen externe Faktoren wie Übernahmen oder Rechtsstreitigkeiten der Anbieterseite, die in neuen Geschäftsbedingungen enden können: Der Kunde kann dann unter Umständen sein Tool nicht einfach weiternutzen, sondern muss auf Alternativen ausweichen. Ein langwieriges, teures Unterfangen, wenn eine derartige Plattform erst einmal in Betrieb gegangen ist.
Leichter Einstieg in neue Geschäftsmodelle
Mit einem mittelständigen Softwarepartner passiert das nicht. Das Softwarehaus Smartsquare setzt hier auf eine pragmatische Vorgehensweise in passenden Etappen. Wo Unternehmen früher vor der Entscheidung „buy or build“, also „kaufen oder selbst entwickeln“ standen, verschiebt sich der Ansatz heute zu „buy and build“ – kaufen und selbst entwickeln.
Smartsquare trägt dem Rechnung: Auf bestehende Softwaremodule und Open-Source-Lösungen werden individuelle Anforderungen und Schwerpunkte mit eigenem Code aufgesetzt – so entsteht ein kundenspezifisches Tool auf Basis einer soliden IoT-Plattform. Die Teile der Lösung müssen intelligent zusammengreifen, an den Schnittstellen dürfen zum Beispiel keine Daten verloren gehen und offene Standards stellen die Unabhängigkeit von einzelnen Steuerungs- und Softwareherstellern sicher.
Unternehmen können den Funktionsumfang schrittweise erweitern: Mit einer Service-App starten, dann eine Connectivity für die Maschinen als IoT aufbauen und ins Monitoring einsteigen. Gerade bei Letzterem sind die Einstiegshürden oft niedriger als erwartet: Für die Betriebsdatenanalyse müssen die Maschinen nicht hochgerüstet werden.
Um Basiswerte abzugreifen – wie lange ist eine Maschine in Benutzung, wie stark, wie verlaufen Füllstände, Stromverbräuche, Temperaturen und Ähnliches – sind nur wenige Konfigurationsparameter notwendig und entsprechend gering sind technische und finanzielle Investitionen. Aus einfachen Daten lässt sich bereits viel herauslesen, so dass Unternehmen Vorteile schnell abschöpfen können.
Nicht zuletzt geht die Plattform eines kleinen Anbieters oft ins Eigentum des Kunden über. Damit entstehen Rechtssicherheit und Kostenkontrolle. Kleine Softwarehäuser bringen darüber hinaus meist Stabilität der Ansprechpartner und eine hohe Servicequalität mit.
Text: Nadja Müller, freie Journalistin
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