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Ausblick auf die In.Stand 2023

von am 20. September, 2023

Vergangene Woche trafen sich auf dem In.Stand-Roundtable in Stuttgart Experten zu einer angeregten Podiumsdiskussion. Sie gaben einen ersten Ausblick auf die Themen der Instandhaltungsfachmesse In.Stand 2023, die am 7. und 8. November in Stuttgart stattfinden wird. Spoiler: Am Thema Nachhaltigkeit führt in diesem Jahr kein Weg vorbei.

Teilgenommen haben an der Podiumsdiskussion Dipl.-Ing. Marcel Wöhner, Chief Technical Officer Subsidiary Germany von Pilz, Michael Oberli, Leiter Service Elektromechanik bei SEW Eurodrive, Christian Knaus, Leiter Vertrieb bei WISAG Produktionsservice und Julian Reime, Manager Messe- und Eventleitung In.Stand Messe Stuttgart. Moderiert wurde die Diskussion von Alexander Gölz, Chefredakteur Industrieanzeiger und seiner Kollegin Sabine Koll.

Einigkeit herrschte in der Gruppe, dass die Instandhaltung per se nachhaltig ist. Dipl.-Ing. Marcel Wöhner formulierte es so: „Eigentlich sind die Instandhalter die Nachhaltigkeitsbeauftragten im Unternehmen. Sie schauen, dass die Maschinen am Laufen sind und versuchen die Lebensphase so lange wie möglich zu verlängern.“ Gleichzeitig schränkt er aber auch ein: „Nachhaltige Lösungen werden meistens nicht als Selbstzweck eingeführt, sondern es gibt immer eine Second-Win-Funktion. Beispiel: Energie einsparen, indem man auf LED-Technik umrüstet. Das hat natürlich etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Gleichzeitig wird aber die Energiebilanz besser, was sich direkt im Portemonnaie auswirkt.“

Welche Möglichkeiten es gibt, nachhaltig aktiv zu werden, zeigte exemplarisch Julian Reime auf, der unter anderem ausführte, was die Messe Stuttgart diesbezüglich unternimmt, welche Veränderungen an der Technik des Messegeländes und der Gebäude bereits realisiert wurden und was in Zukunft noch geplant ist. Oft sind es aber auch kleine Veränderungen, die sich in der Summe aber bemerkbar machen. Er sprach in diesem Zusammenhang von wiederverwendbaren Bodenbelägen, von Messebauern, die vieles nun einlagern und wiederverwenden oder von der Kooperation der Messe mit den Tafeln.

Michael Oberli von SEW Eurodrive verwies in seinem Statement darauf, dass es nicht immer neue Technologien sein müssen, damit die Instandhaltung grüner wird. Seiner Meinung nach haben in der Vergangenheit auch und gerade die traditionellen Dienstleistungen, wie die Reparatur oder die Inspektion an Bedeutung gewonnen. Viele der Kunden von SEW lassen demnach ihre funktionierenden Produkte gerade überholen, um deren Lebenszeit und damit die Lebenszeit der Anlage zu verlängern.

Christian Knaus von WISAG stimmte ihm zu und bestätigte, dass die Reparatur von Baugruppen der Automatisierungstechnik eine Quote von 85 Prozent erreicht habe. „Dadurch konnten in den letzten Jahren fast 100 Tonnen Elektroschrott vermieden werden.“

Zudem gab er zu bedenken, dass die Kunden gegenüber WISAG eine Erwartungshaltung haben, „dass wir sie dabei unterstützen, die eigene Ökobilanz zu verbessern.“ In diesem Zusammenhang entwickle WISAG auch Leistungen, die man als grüne Instandhaltung bezeichnen könne. Beispielhaft führte er die Druckluftleckagenortung an. Zugleich betonte er, dass viele Veränderungen dadurch an Dynamik gewonnen haben, weil die Energiepreise so drastisch angestiegen seien und viele seiner Kunden einen großen Kostendruck unterliegen.

Marcel Wöhner verwies darauf, dass eine nachhaltige Entwicklung sich nicht mit einer Einzelmaßnahme erreichen lässt. Seiner Meinung nach genügt es eben nicht, eine PV-Anlage zu installieren und dann zu meinen, dass man mit dem Thema fertig sei. „Nachhaltigkeit findet in ganz, ganz vielen kleinen Bereichen statt. Das Wichtige ist es, die Menschen zum Umdenken zu bewegen.“ So lasse sich durch viele kleine Veränderungen in den Prozessen, Strukturen und Abläufen viel bewegen.

Predictive Maintenance, also die vorausschauende Wartung durch die Analyse von Maschinen- und Produktionsdaten, wird ein weiteres wichtiges Thema der In.Stand sein – auch darüber herrschte Einigkeit, denn man müsse endlich wegkommen von einer reaktiven Instandhaltung. Michael Oberli bestätigte die Entwicklung, betonte, dass Predictive Maintenance bei größeren Unternehmen branchenunabhängig angekommen sei und verwies auf ein Beispiel aus der Zementindustrie.

Christian Knaus verglich Predictive Maintenance mit der Medizin. Die Datengewinnung sei das große Blutbild, allerdings müsse sich dann eine entsprechende Diagnose und Therapie anschließen. Und er mahnte vorher eine – um im Bild zu bleiben – entsprechende Anamnese an. Man müsse sich also schon überlegen, an welchen Anlagen aufgrund der Prozessrelevanz Predictive Maintenance Sinn ergibt. Zugleich bestätigte er aber eine geringe Bereitschaft seiner Kunden in entsprechende Lösungen zu investieren, wenn die Kosten zwei bis drei Prozent des derzeitigen Budgets für die Instandhaltung übersteigen würden.

Michael Oberli ergänzte, dass Zustandsüberwachungs- und Predictive-Maintenance-Lösungen immer dann eingeführt werden, wenn eine bestimmte Maschine oder Anlage eine hohe Relevanz für den Prozess habe. Komponenten, die sich schnell austauschen lassen und die nicht prozessrelevant sind, werden nicht überwacht.

Ein interessantes Praxisbeispiel über die Macht der Daten und die Sensorik hatte Christian Knaus parat. WISAG habe für einen seiner Kunden die Maschinenauslastung analysiert. Der Kunde war bis dato von einer Auslastung von rund 75 Prozent ausgegangen. Es stellte sich aber heraus, dass diese nur bei 38 Prozent lag. Letztendlich konnte dieser Kunde durch eine Optimierung der Maschinenauslastung seinen Betriebsablauf deutlich verbessern. „Er spart sich nun die Nachtschicht“, so Knaus.

Einen besonderen Nachhaltigkeitsaspekt brachte Marcel Wöhner noch in die Diskussion mit ein. Das Zusammenbrechen der Lieferketten in den vergangenen zwei Jahren habe zu einem „Umdenken geführt, was jetzt die Wiederbeschaffung von Komponenten angeht.“ Viele legen sich nun doch wieder ein kleines Lager an oder reparieren bestimmte Komponenten. Er geht davon aus, dass die Instandhalter „deutlich mehr Reparaturtätigkeiten an Komponenten in den letzten 2 Jahren hatten als in den 10 Jahren davor“.

Bezugnehmend auf das Thema Predictive Maintenance, wies Julian Reime auf die Innovation-Area auf der In.Stand hin. Hier werden unter anderem Startup-Unternehmen ihre Lösungen zu den Themen Condition Monitoring, Retrofit und Predictive Maintenance zeigen.

Zugleich verwies er auf die neuen In.Stand Service-Points, die Instandhaltung erlebbar machen. „Wir möchten damit den Nachwuchskräften die Chance geben, auf der Messe an verschiedenen Stationen den Alltag eines Instandhalters live mitzuerleben.“ Apropos Nachwuchs. Natürlich war auch der Fachkräftemangel in der Branche ein Thema der Diskussion. Christian Knaus bestätigte, dass WISAG derzeit über 1.000 solcher Positionen zu besetzen habe und entsprechende Stellenanzeigen schalte.

Um Studierende auf die Branche und die Möglichkeiten, die diese bietet, aufmerksam zu machen, unterstützt die Messe Stuttgart übrigens Studenten und Hochschulen im Bereich Service Engineering und zwar nicht nur mit einem kostenfreien Messeticket, sondern sogar mit einem Zuschuss zur Busfahrt.

Auf der Messe werden sicherlich auch Lösungen für einen digitalen Anlagenrundgang zu sehen sein, wenngleich alle Protagonisten der Podiumsdiskussion sich darüber einig waren, dass diese in der Praxis (noch so gut wie) keine Rolle spielen. Marcel Wöhner verwies allerdings auf die zunehmende Bedeutung von Videokonferenzen und Bildern, die beispielsweise im Supportfall per Handy verschickt beziehungsweise initiiert werden. Christian Knaus gab in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass es in vielen Werken immer noch Probleme mit der Netzabdeckung gibt und deshalb die Technik nicht in diesem Umfang eingesetzt werden könne.

Links:

www.messe-stuttgart.de/instand/

Die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion sind gespannt auf die Fachmesse In.Stand: Julian Reime, Manager Messe- und Eventleitung In.Stand Messe Stuttgart, Michael Oberli, Leiter Service Elektromechanik bei SEW Eurodrive, Dipl.-Ing. Marcel Wöhner, Chief Technical Officer Subsidiary Germany von Pilz, Christian Knaus, Leiter Vertrieb bei WISAG Produktionsservice und Alexander Gölz, Chefredakteur Industrieanzeiger (v.l.n.r.). Bild: B&I

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